Der Sommer ist vorbei, morgen werden die Uhren zurückgestellt. In den Supermarktregalen stehen schon Printen und Spekulatius und manch ein Anleger freut sich auf die Weihnachtsrallye. Aber wird sie kommen? Schon im vergangenen Jahr haben Aktionäre auf sie gewartet – vergeblich. Knapp unter 14.000 Punkten schloss das deutsche Börsenbarometer am letzten Handelstag 2022 nach einem Jahresverlust von satten 12 Prozent.
Trotzdem: die Hoffnung stirbt zuletzt, vor allem bei den privaten Investoren. Dies hat eine Umfrage von Goldberg ergeben. Angst vor geopolitischen Risiken oder steigenden Anleiherenditen? Fehlanzeige! Obwohl so mancher Privatanleger Buchverluste von mehr als 1000 Dax-Zählern erlitt. Die Bereitschaft selbige zu realisieren ist nicht vorhanden – auch, weil die Hoffnung auf eine veritable Rallye zur Weihnachtszeit vorherrscht. Goldberg resümiert: „Am Ende ist der Optimismus der Investoren – gemessen an der Entwicklung des Dax während der vergangenen Wochen erstaunlich hoch, von großer Angst oder gar Panik spiegelt sich in unserer Umfrage praktisch nichts wider.“
Ein Leichtgewicht gibt die Richtung vor
Doch dass es nicht nur geopolitische Risiken, wie den russischen Überfall auf die Ukraine oder jüngst den Terroranschlag der Hamas auf Israel braucht, um den Dax ins Wanken zu bringen, hat der Donnerstag dieser Woche eindrucksvoll gezeigt. Ein einzelner Wert, Siemens Power , unter den 40 Werten in der deutschen Börsen-Bundesliga ein Leichtgewicht, bestimmte die Richtung des Tages. Nach einem Kursrutsch von mehr als einem Drittel – dem zweiten in dieser Größenordnung in diesem Jahr – brach auch der Dax ein, weil im Sog auch die deutlich höher gewichtete Muttergesellschaft Siemens kräftig nachgab. Hätten nicht Konjunkturdaten einen Teil der Verluste ausradiert, der Tagesverlust des Dax hätte sich leicht auf 1,5 Prozent summieren können.
Natürlich sind es bei Siemens Power hausgemachte Probleme – namentlich das Gamesa-Geschäft in Spanien. Gleichwohl auch von kapitalintensiven Unternehmen, etwa in der chemischen Industrie, der Energieversorgung oder der Luftfahrt, bei denen das Kerngeschäft rund läuft, könnte Ungemach zu kommen, weil das gegenwärtige Zinsniveau die Refinanzierung drastisch verteuert. Vor allem, wenn die Unternehmen am Anleihemarkt mit Staatspapieren besserer Bonität konkurrieren müssen.
Ja, deutsche Aktien sind derzeit günstig. Aber jetzt beherzt zuzugreifen, kann sich als teurer Fehlgriff erweisen.