Statt eine Übergewinnsteuer einzuführen, will die Ampel-Koalition nun “Zufallsgewinne abschöpfen”. Damit spare man sich juristischen Streit, sagte Finanzminister Lindner in den tagesthemen. Ab wann Verbraucher profitieren, ist noch unklar.
Finanzminister Christian Lindner hat das Entlastungspaket der Bundesregierung im Interview mit den tagesthemen gelobt und die geplante Strompreisbremse verteidigt. Das nun geplante “Abschöpfen von Zufallsgewinnen” bei Stromerzeugern sei keine “Übergewinnsteuer”, die von SPD und Grünen gefordert und von Lindners FDP stets abgelehnt worden struggle.
So, wie derzeit die Preise am Strommarkt gebildet werden, verdienen auch die Stromerzeuger viel Geld, deren Produktionskosten sich nicht erhöht haben. Dazu zählen Wind- und Solarstromerzeuger, aber auch die Betreiber von Atomkraftwerken.
Lindner sagte, er sei “sehr dafür”, am Strommarkt den “Renditeautopiloten abzuschalten”. Dass derzeit etwa Produzenten von Windstrom so bezahlt werden, als wenn sie teures Fuel eingekauft hätten, müsse abgeschaltet werden. “Aber das kann im Strommarkt passieren, um auch konkret die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Betriebe zu entlasten”, sagte er.
Eine Übergewinnsteuer hätte dagegen “Willkür” ins Steuersystem gebracht. Man wolle zwar Geld einnehmen, um damit Entlastungen finanzieren zu können, aber keine juristischen Auseinandersetzungen provozieren.
“Zufallsgewinne” sollen Strompreisbremse finanzieren
Dem Maßnahmenpapier des Koalitionsausschusses zufolge soll für Stromerzeuger, deren Produktionskosten sich nicht deutlich erhöht haben, eine Preisobergrenze für die Kilowattstunde festgelegt werden. Erlöse über dieser Grenze sollen abgeschöpft werden. Praktisch abgewickelt werden solle dies über die Infrastruktur der EEG-Umlage, die bis zum Juli erhoben worden struggle.
Mit dem so eingenommen Geld soll schließlich eine “Strompreisbremse” bezahlt werden – dabei soll ein Grundverbrauch an Strom für Haushalte und Betriebe vergünstigt angeboten werden. Laut Lindner geht die Idee der Erlösobergrenze auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück. Die Bundesregierung hofft nun, dass das Instrument schnell für die gesamte EU vereinbart werden kann. Am Freitag wollen die EU-Energieminister dazu beraten.
Sollte sich auf europäischer Ebene jedoch keine schnelle Lösung finden lassen, werde Deutschland die Strompreisbremse auch alleine einführen, heißt es im Papier des Koalitionsausschusses.
Summen und Datum noch unklar
Ab wann die Stromkunden von der Strompreisbremse profitieren könnten, konnte Lindner nicht sagen. Es werde schneller gehen, als viele erwarten, sagte er.
Ebenfalls noch unklar ist, wie hoch die abgeschöpften Summen sein könnten. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte im ZDF-Sommerinterview, dies hänge auch von der Entwicklung auf den Strommärkten ab, die man nur begrenzt voraussehen könne. “Wenn dort solche Zufalls-, Übergewinne im großen Maßstab anfallen, haben wir viele, viele Milliarden, um sie an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben.”
Der Kanzler zeigte sich zuversichtlich, dass es wieder Zeiten mit günstigen Energiepreisen geben werde. “Denn das kann man sagen, mit jedem neuen Offshore-Windpark, mit jeder Windanlage an Land, mit all’ den Solaranlagen, mit viel Biomasse, mit dem Ausbau unseres Stromnetzes werden wir unabhängiger”, sagte er.
Grüne zufrieden
Auch wenn es nun keine Übergewinnsteuer geworden ist, wie sie auch die Grünen gefordert hatten, zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zufrieden: “Die Abschöpfung von Zufallsgewinnen ist nur gerecht: Denn Energieunternehmen, die zum Beispiel Erneuerbaren-, Kohle- oder Atomstrom produzieren, tun dies zu gleichbleibend geringen Produktionskosten, verdienen aber nach den aktuellen Mechanismen des europäischen Strommarkts irrsinnig viel Geld damit”, erklärte der Vize-Kanzler von den Grünen.
“Dieses Geld für einen solidarischen Beitrag für das Gemeinwohl zu nutzen und in die Senkung der Strompreise und die Dämpfung der Netzentgelte zu stecken, ist genau richtig.” So könne eine Strompreisbremse für Haushalte finanziert werden. “Die Haushalte werden so finanziell spürbar entlastet und gleichzeitig bleibt ein Anreiz zum Energiesparen erhalten.”