BZ-Aktion Weihnachtswunsch
Ihr Leben lang dachte Ingrid S.: “Ich komme zu was, wenn ich immer arbeite.” Jetzt, mit Anfang 70, wei sie: Das stimmt nicht. Sie ist eine von vielen, deren Rente nicht zum berleben reicht.
Ihr Strickzeug und der Fernseher – an diesen beiden Dingen hngt Ingrid S.* Am liebsten kombiniert sie ihre Lieblingsbeschftigungen und strickt, whrend der Fernseher luft. Doch beides hat Haken. Die Wolle zum Stricken kann sie sich nur leisten, wenn sie beim Essen spart. Und beim Fernsehen fhlt sie sich stndig verunsichert, wenn in Talkshows Politiker mal wieder fordern, dass das Brgergeld und die Grundsicherung gekrzt werden mssten.
Seit Ingrid S. zum ersten Mal Grundsicherung beantragt hat, schmt sie sich. Als sie darber spricht, fngt sie quick zu weinen an. “Immer wieder heit es, die Rentner wrden alles haben”, sagt sie. Sie wei, dass das fr die Privilegierten unter den lteren tatschlich zutrifft. Aber was ist mit Menschen wie ihr?
Frher hat sie oft Nachtschichten gemacht
Bis vor wenigen Monaten hat sie noch versucht, trotz ihrer Herzkrankheit und ihres Alters ein bisschen Geld dazu zu verdienen – mit Nachtschichten als Putzkraft. Ingrid S. hat auch frher oft nachts gearbeitet, und alle Jobs, die sie hatte, waren hart und schlecht bezahlt: Meist hat sie im Verkauf oder der Gastronomie gearbeitet oder geputzt. Manchmal hat sie, wenn sie nachts unterwegs warfare, alte Menschen gesehen, die in Mlleimern nach Essbarem oder Pfandflaschen suchten. “Ich wollte nie, dass es mir auch mal so geht – und jetzt ist es doch ganz hnlich gekommen”, sagt sie.
Da ist es intestine, dass Ingrid S. sich schon frh vorgenommen hat, dass sie sich nicht unterkriegen lassen wird. Irgendwann als Jugendliche stand das fr sie fest, erzhlt sie – obwohl ihre Kindheit und Jugend in Hessen alles andere als schn waren. Ihr Traumberuf warfare Schneiderin, doch daran warfare nicht zu denken. Ingrid S. durfte keine Ausbildung machen, sondern musste sofort Geld verdienen.
Sie arbeitete in einer Wscherei und in Fabriken, bis sie mit 18 Jahren heiratete. Als 25-Jhrige warfare sie bereits Mutter von vier Kindern, die Ehe warfare schlecht. Bei einer Mutter-Variety-Kur verhalfen ihr die Kur-Mitarbeitenden zu einer Wohnung hier in der Area, so dass sie sich von ihrem Mann trennen konnte.
Quick das komplette Rentengeld geht fr Fixkosten drauf
Seitdem hat sich Ingrid S. durchgeschlagen, die vier Kinder grogezogen und die allermeiste Zeit gearbeitet, um selbstndig ber die Runden zu kommen. Im Alter wird dieses lebenslange Ringen, es allein zu schaffen, nicht gewrdigt: Die Bruttorente von Ingrid S. liegt bei knapp 930 Euro. Davon muss sie neben der Kranken- und Pflegeversicherung, Telefon- und Stromkosten und der Regiokarte auch ihre Miete von quick 600 Euro bezahlen.
Am Ende bleiben ihr 9 Euro – so dass sie ergnzend auf Grundsicherung angewiesen ist. Selbst wenn sie nur Grundnahrungsmittel einkaufe, seien an der Kasse schnell 30 Euro fllig, sagt sie. Fr alles andere bleibe nichts brig.
Von Selbstmitleid hlt sie nichts
Deshalb lebt Ingrid S. mit einem Unhealthy, in dem die Beleuchtung und der Spiegelschrank kaputt sind, mit einem Wohnzimmer ohne Deckenlampe und einem defekten Khlschrank. Sie gnnt sich nicht mehr wie frher ab und zu eine Wurst auf dem Mnstermarkt und hat sich schon viele Jahre nichts mehr zum Anziehen gekauft. Besonders weh tut ihr, dass sie fr Weihnachtsgeschenke kein Geld hat – auch nicht fr die acht Enkel.
Von Selbstmitleid aber hlt sie trotzdem nichts – sie fhrt nach wie vor ein aktives Leben und engagiert sich ehrenamtlich. Doch etliche Rednerinnen und Redner in Fernsehdebatten machen sie immer wieder fassungslos: “Die wissen berhaupt nicht, wie viele Menschen leben.”
* Identify gendert
Aktion Weihnachtswunsch: Sparkasse Freiburg-Nrdlicher Breisgau, IBAN: DE77680501010002399506, BIC: FRSPDE66XXX. Stichwort “Aktion Weihnachtswunsch”. Alles fliet in einen Topf, aus dem dann Zuschsse verteilt werden.