Die Elektrizittswerke Schnau wollen mehr Strom selbst erzeugen. Wie sie das finanzieren wollen und warum sich Wrmenetze auch im Schwarzwald lohnen, erklren die Cooks Alexander Sladek und Armin Komenda.
Politisch wird endlich etwas fr die Energiewende getan, finden Armin Komenda und Alexander Sladek. Trotzdem sehen die EWS-Vorstandsmitglieder noch Luft nach oben. Und: Mehr Mensc
hen sollten sich einbringen, ber Brgerbeteiligungen oder die eigene PV-Anlage.
BZ: Die EWS sind aus der Anti-Atom-Bewegung entstanden. Jetzt sind die letzten Meiler vom Netz – und Deutschland importiert mehr Strom. Ist Strom hierzulande zu teuer?
Sladek: Solange wir so viele fossile Kraftwerke haben, ist er zu teuer. Deutschland importiert dann Strom, wenn viel erneuerbare Energie im Ausland verfgbar ist – weil die einfach gnstiger ist. Auch in der Krise waren es nicht die Erneuerbaren, die die Preise nach oben getrieben haben. Sondern die fossilen Energien.
BZ: Inzwischen ist wohl quick allen Menschen in Deutschland klar, dass die Erneuerbaren ausgebaut werden mssen.
Sladek: Ja, da ist wirklich ein Umdenken passiert. Selbst jemand, der nur an Rendite interessiert ist, investiert in kologische Stromerzeugung. Gerade bei Standorten fr Windkraft erfahren wir mehr Zuspruch als noch vor zwei Jahren, auch von Brgermeistern und Gemeinderten. Windkraftgegner gibt es aber immer noch.
Komenda: Wir wollen massiv ausbauen, bislang erzeugen wir nur zehn Prozent des vertriebenen kostroms selbst. Wir streben 100 Megawatt mehr installierte Leistung in den nchsten fnf Jahren an, zu etwa 70 Prozent aus Wind und 30 Prozent aus Sonne. 90 Prozent davon sollen im sdlichen Baden-Wrttemberg entstehen.
BZ: Wie viel wird das kosten?
Komenda: Die Kosten werden bei 150 bis 200 Millionen Euro liegen. Das finanzieren wir nicht allein, wir haben Accomplice fr die Projekte. Zudem haben wir die Begrenzung fr Anteile, die Mitglieder zeichnen knnen, hochgesetzt. Jedes Mitglied kann sich mit 5000 Euro einbringen. Dadurch und durch neue Mitglieder wurden dieses Jahr schon Geschftsanteile in Hhe von 10 Millionen Euro gezeichnet. Zustzlich nutzen wir die berschsse der Vergangenheit, wir schtten ja immer nur einen Teil an die Mitglieder aus. Nur 2021 haben wir nichts ausgeschttet, weil wir wegen der Preisturbulenzen am Markt Verluste von rund einer Million Euro gemacht haben. Hinzu kommt Fremdkapital, mglichst ber die regionalen Banken.
BZ: Und was bedeuten diese Investitionen fr die Strom- und Gaspreise? Wird es fr die Kundinnen und Kunden teurer?
Komenda: Erstmal bedeutet das nichts fr die Preise. Grundstzlich gilt aber: Je mehr eigene Erzeugungsanlagen wir haben, desto unabhngiger sind wir von den Marktpreisen.
Sladek: Zum Januar 2023 haben wir die Strompreise deutlich erhht, von 26,50 Cent professional Kilowattstunde auf 42,90 Cent. Jetzt zum September haben wir sie wieder gesenkt, auf 35,90 Cent. Dabei bleibt es auch erstmal – obwohl die Energiekrise noch nicht ausgestanden ist.
Komenda: Es gab durchaus Beschwerden, warum unser Preis so lange so hoch struggle. Aber man muss bedenken, dass wir vorher nie so groe Preissprnge hatten. Auerdem haben wir 2022 die Preise gar nicht erhht. Wir sind bei unserer Preisstrategie sehr konservativ, die Preise springen nicht dauernd rauf und runter.
BZ: Trotzdem haben Sie unter dem Strich 2022 keine neuen Kunden gewonnen.
Komenda: Stimmt, erstmals in unserer Geschichte. Der Grund: Im Strombereich haben wir ber ein halbes Jahr keine Neukunden aufgenommen, im Gasbereich sogar das ganze Jahr, weil wir bei den Marktturbulenzen keine lngerfristigen Tarife anbieten konnten. Beim Gasoline gibt es immer noch kein Neukundenangebot, das kommt ab Januar wieder. Wir bieten aber keine reinen Erdgasvertrge mehr an. Wir erhhen den Biogasanteil immer weiter, bis wir sptestens 2030 bei 100 Prozent Biogas sind. Das hatten wir schon vor der Energiepreiskrise beschlossen.
BZ: Sind Sie auch von der Insolvenz des Biogashndlers BMP Greengas betroffen?
Komenda: Nein, weil wir von BMP kein Biogas beziehen. Aber die Insolvenz eines groen Hndlers hat immer Auswirkungen auf den gesamten Markt, auf die Verfgbarkeit und die Preise.
Sladek: Der Haupteigentmer, die EnBW, ist ein ffentliches Unternehmen, viele Kunden sind Stadtwerke. Viele von ihnen bekommen durch die Insolvenz groe Schwierigkeiten. Auch in der Area sind Stadtwerke betroffen. Die von EnBW avisierte Finanzierung des Insolvenzplanes ist ein Schritt in die richtige Richtung. Grundstzlich wrde ich mir mehr Engagement und Einfluss von der Landesregierung und den anderen ffentlichen Eigentmern der EnBW hinsichtlich der Unternehmenspolitik wnschen. Letztlich ist aber auch Biogas nur eine Brckentechnologie – hin zu Wrmenetzen und Wrmepumpen. Ich gehe davon aus, dass wir 2040 gar kein Gasoline mehr verkaufen. Es gibt einige Biogasanlagen, fr deren Betrieb mit Stickstoffdnger Mais hochgezogen wird und deren Biogas einen schlechteren CO2-Abdruck als fossiles Erdgas hat. Wir legen beim Einkauf grten Wert auf mglichst klimaschonend hergestelltes Biogas.
Komenda: Wir haben in Schnau 2018 angefangen, ein Wrmenetz zu bauen, obwohl wir dort das Gasnetz betreiben. Betriebswirtschaftlich knnte man sagen, das ist Quatsch, wir verdienen mit dem Gasoline ja Geld. Aber Gasoline hat keine Zukunft.
BZ: Tut die Politik genug dafr, dass Windkraft- oder Photovoltaikprojekte schneller umgesetzt werden?
Komenda: Die Rahmenbedingungen werden besser, die Verfahren einfacher. Am Zeller Blauen arbeiten wir seit zehn Jahren an Windrdern. Da hat sich in den letzten Monaten mehr bewegt als in den fnf, sechs Jahren vorher.
Sladek: Auch in Baden-Wrttemberg gibt es mehr Flchen. Selbst das CDU-gefhrte Landwirtschaftsministerium hat erkannt, dass es nicht mehr blockieren kann. Und dass sich mit der Verpachtung der Flchen Geld verdienen lsst.
Komenda: Dass die Flchen in die Ausschreibung kommen, ist intestine. Den Zuschlag bekommen aber leider oft die groen Unternehmen. Nicht die Brgerenergiegenossenschaften.
Sladek: Die Akzeptanz steigt mit der Brgerbeteiligung. Aber fr nur einen Windpark eine Genossenschaft zu grnden, ist riskant und teuer. Daher kooperieren wir mit anderen Genossenschaften, um Strukturen besser nutzen und Kosten sparen zu knnen. In Brgerhand sind letztlich zwar auch die Stadtwerke. Da fehlt mir jedoch hufig die Identifikation, weil es selten Mglichkeiten zur aktiven Teilhabe der Brgerinnen und Brger gibt. Die Energiewende klappt nur, wenn sich die Menschen einbringen. Und wenn es nur ber die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft ist. Idealerweise erzeugt man aber auch bei sich selbst regenerativ Strom mit einer PV-Anlage.
BZ: Man knnte additionally sagen, die Politik hat es verschleppt, jetzt sollen es die Verbraucher richten.
Sladek: Wir hatten 16 Jahre lang eine Kanzlerin, die, wo es ging, keine Entscheidungen getroffen hat. Deutschland hat sich laufend selbst ein Bein gestellt. Jetzt muss so vieles auf einmal angepackt werden. Es ist nicht alles intestine, was die Ampel macht. Vor allem ist die Artwork und Weise manchmal chaotisch. Aber viele Ziele sind vollkommen richtig.
BZ: Die Ampel setzt auch auf Wrmenetze. Auch Sie bauen solche Netze im Wiesental. Woher kommt die Wrme?
Sladek: Wrmenetze sind ein wichtiger Baustein fr die Energiewende. In vielen stdtischen Gebieten kann man die Wrme, die in der Industrie entsteht, zum Heizen nutzen. In lndlichen Regionen wie dem Wiesental muss man kreativer vorgehen. Hauptschlich betreiben wir unsere Wrmenetze mit Biomasse – insbesondere Grnschnitt und Restholz. Wir nutzen aber beispielsweise auch Holzabflle. Solarthermie spielt eine Rolle, auerdem Blockheizkraftwerke. Im Schwarzwald gibt es zum Glck genug Restholz, hinzu kommen momentan groe Mengen an Sturm- und Kferholz, die fr die Weiterverarbeitung teils nicht mehr nutzbar sind. Fr die Nahwrmeerzeugung werden keine Bume gefllt, wir nutzen nur Reste und Abflle. Weil der Klimawandel eine Waldumwandlung ntig macht, wird in nchster Zeit eher noch mehr Holz anfallen.
BZ: Inwiefern wird in der Zukunft Wasserstoff eine Rolle spielen?
Sladek: Um die Stromversorgung rund um die Uhr sicherstellen zu knnen. Wasserstoff macht fr einzelne Gebude keinen Sinn. Dafr ist er zu teuer. Es braucht ihn aber, um das Stromsystem stabil zu halten: Wenn zu viel Strom aus Wind und Sonne da ist, erzeugt man damit Wasserstoff, den man wieder verstromt, wenn die Sonne nicht scheint und kein Wind weht. Und bei der Verstromung entsteht Wrme, die man ber das Wrmenetz verteilen kann. Wir planen aber keine eigenen Projekte fr die Erzeugung von Wasserstoff.
BZ: Ist der Schwarzwald dicht genug besiedelt, damit sich Wrmenetze lohnen?
Sladek: Jein. In einem Dorf mit 400 Einwohnern lohnt es sich eigentlich nicht. Aber auch solche Projekte machen wir, wenn das von der Dorfgemeinschaft gewnscht wird – und wenn wir Synergien nutzen knnen, zum Beispiel mit der Verlegung von Glasfaser. Dann muss man nur einmal graben. Aber es gibt im Schwarzwald durchaus viele Gemeinden, in denen sich ein Wrmenetz lohnt.
EWS Schnau
Die Elektrizittswerke Schnau (EWS) sind ein genossenschaftlicher Energieversorger mit intestine 13.000 Mitgliedern. 2022 verzeichnete die Unternehmensgruppe einen berschuss von 11 Millionen Euro. An die Mitglieder ausgeschttet wurden knapp 2 Millionen. Der Umsatz lag bei 325 Millionen Euro. Tochterunternehmen sind mehrere Windparks, der Vertrieb und der Netzbetrieb. Zudem sind die EWS mit 30 Prozent an der Energieversorgung Titisee-Neustadt beteiligt. Die EWS versorgen intestine 200.000 Kunden mit Strom und knapp 20.000 Kunden mit Gasoline. Intestine 40 Prozent der Kunden sind im Sdwesten. Die EWS beschftigen 260 Menschen in Schnau, Freiburg und Berlin.
Zu den Personen
Alexander Sladek, 44, ist im Vorstand der EWS fr die strategische Entwicklung, IT und Private zustndig. Seit 2011 ist der Betriebswirt fr die EWS ttig, seit 2015 im Vorstand. Zustzlich ist er Geschftsfhrer der Vertriebsgesellschaft.
Armin Komenda, 44, ist im Vorstand seit 2014 zustndig fr die Bereiche Finanzen, Recht und Mitglieder. Der Betriebswirt ist ebenfalls zustzlich Geschftsfhrer der Vertriebsgesellschaft.